UST-Info 01/2020: Senkung der Umsatzsteuer im zweiten Halbjahr 2020 – Was jetzt zu tun ist

Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland wurde der reguläre Steuersatz von 19% auf 16% und der ermäßigte Steuersatz von 7% auf 5% gesenkt. Diese Steuersatz-änderung ist befristet vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020. Folglich müssen nun viele Unternehmen – schnellstmöglich – ihre Prozesse umstellen (Fakturierung, Waren-wirtschaftssysteme, ERP, Buchführung, Kassenprogram-mierung etc.), um keine teuren Fehler zu begehen.

Leistungsausführung maßgeblich

Maßgeblich für die Anwendung der reduzierten Steuersätze ist der Zeitpunkt der Leistungsausführung. Ohne Bedeutung sind generell der Zeitpunkt von Rechnungsstellung oder Zahlung. Das gilt selbst dann, wenn der Leistende seine Einnahmen nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 UStG versteuert. Auch auf nachträgliche Minderungen des Entgelts, etwa durch Rabatte oder Boni, kommt es insoweit nicht an. Maßgeblich bleibt der Leistungszeitpunkt.
Wann genau eine Leistung ausgeführt wird, ist in der Praxis nicht immer ganz einfach zu bestimmen. Für Lieferungen ist in der Regel der Tag des Beförderungsbeginns maßgeblich. Bei sonstigen Leistungen kommt es auf die Beendigung der Arbeiten an.

Wirtschaftlicher Vorteil im Zweifel beim Händler

Der wirtschaftliche Vorteil der Steuersenkung verbleibt generell zunächst beim leistenden Unternehmer (Händler). Nur im Falle einer gesonderten Abrede (sog. Nettovereinbarung) reduziert sich die Zahlungspflicht des Kunden. Im Regelfall entscheidet aber der leistende Unternehmer, ob er den Steuervorteil weitergibt.

Vorsteuerrisiken beachten

Auf der Eingangsseite ist der Rechnungsprüfung demnächst besondere Beachtung zu schenken. Denn ein Vorsteuerabzug kommt stets nur in Höhe des gesetzlichen – im Zweifel reduzierten – Steuersatzes in Betracht. Selbst wenn auf der Rechnung der „alte“ Steuersatz von 7 % oder 19 % ausgewiesen ist, besteht ein Abzugsrecht nur in Höhe des tatsächlich zutreffenden Steuersatzes. Wird zu viel Vorsteuer geltend gemacht, drohen Rückzahlungsansprüche und Strafzinsen seitens des Finanzamts.

Strafsteuer durch unrichtigen Steuerausweis

Wird der Steuersatz oder Steuerbetrag unrichtig in einer Rechnung ausgewiesen, kann eine sog. Strafsteuer die Folge sein. Denn: Bei einem unrichtigen Steuerausweis schuldet der Unternehmer neben der gesetzlich geschuldeten Steuer auch den erhöht ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG.
Sollte nachträglich der Ausweis eines unrichtigen Steuerbetrags auf einer Rechnung festgestellt werden, kommt für eine Rückabwicklung der zu entrichtenden Strafsteuer ggfs. nur ein administrativ aufwendiges Berichtigungsverfahren in Betracht. Daher sollte möglichst frühzeitig auf die Einhaltung der neuen Steuersatzvorgaben geachtet werden. Eine Vereinfachungsregelung für einen zu hohen Steuerausweis in der Unternehmerkette gewährt die Finanzverwaltung ausschließlich für Leistungen, die im Monat Juli 2020 ausgeführt werden.

Vielzahl von Sonderfällen

Während schon in den Grundfällen die Steuerumstellung nicht vollends trivial ist, stellen sich schwierige Abrechnungsprobleme in der Vielzahl von umsatzsteuerlichen Sonderfällen dar. Zu nennen sind hier vor allem Teilleistungsvereinbarungen, Abschlagszahlungen, Verbrauchsabrechnungen (Strom, Gas, etc.), Gutscheine und Dauerleistungen (z.B. Gewerbemiete). Hierzu hat die Finanzverwaltung ein umfangreiches Anwendungsschreiben erarbeitet, welches sich an den Regelungen zur Erhöhung der Umsatzsteuer im Jahr 2007 orientiert.

Umstellungsprozesse anstoßen

Die Neuregelungen zur Änderung der Steuersätze müssen zwingend beachten werden. Aufgrund des kurzen Vorlaufs sollten die notwendigen Änderungen der Abrechnungsprozesse bereits unmittelbar angestoßen worden sein. Dabei ist darauf zu achten, sämtliche Leistungsbeziehungen im Unternehmen in den Blick zu nehmen. Nicht vergessen werden dürfen etwa steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgaben (Eigenverbrauch und Mitarbeiterzuwendungen).

 

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