Mit Beschluss vom 16. März 2017 (Az. V R 38/16) hat der Bundesfinanzhof den Europäischen Gerichtshof dahingehend befragt, ob und inwieweit sich Fahrschulen auf die Umsatzsteuerbefreiung nach europäischem Recht berufen können. Der Entscheidung dürfte Signalwirkung für etliche Branchen zukommen.
Hintergrund
Nach deutschem Recht wird der Fahrschulunterricht in den Fahrerlaubnisklassen A und B (PKW und Motorrad) als umsatzsteuerpflichtig behandelt. Grundlage ist eine BFH-Entscheidung aus den 70er Jahren. Noch heute stützt sich die Finanzverwaltung auf dieses Urteil. Inzwischen können sich Unternehmer jedoch unmittelbar auf die europäische Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie berufen. Vor diesem Hintergrund soll nun geklärt werden, ob die auch für Fahrlehrer gilt.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Frage nach der Umsatzbesteuerung des Fahrschulunterrichts ist enorm. Sollte sich für die Finanzverwaltung künftig eine Pflicht zur Steuerfreistellung ergeben, entstünde ein Erstattungspotential für zurückliegende Zeiträume von bis zu 1 Mrd. €. Folgewirkungen für andere Branchen im Bildungsbereich liegen nahe.
Rechtsprechung der Finanzgerichte
Unterinstanzlich wurde die Rechtsfrage nach der Steuerbefreiung uneinheitlich betrachtet. Die Finanzgerichte Berlin-Brandenburgs, Sachsens und Baden-Württembergs äußerten in drei Eilverfahren nach summarischer Prüfung erhebliche Zweifel an der Steuerpflicht und gewährten eine Vollzugsaussetzung. Demgegenüber vertrat das Finanzgericht Niedersachsens in einem Urteil die Auffassung, dass der allgemeine Fahrschulunterricht steuerpflichtig sei. Über die Revision des Fahrlehrers wird der Bundesfinanzhof entscheiden.
Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs
Die Bundesrichter in München hegen ebenfalls Zweifel an der Steuerpflicht und setzten das Verfahren zur Vorabentscheidungsanfrage an den Europäischen Gerichtshof aus. Insbesondere geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass eine Steuerbefreiung der bisherigen allgemeinen Rechtsprechung des EuGH entspricht.
Handlungsempfehlung
Mit einer abschließenden Entscheidung ist nicht vor dem Jahr 2019 zu rechen. In der Zwischenzeit sollte in vergleichbaren Fällen Verjährungshemmung betrieben und ggf. Verfahrensruhe beantragt werden.